Der Ober-Polier Lutz Albert ist für die ARGE ZECH Hochbau AG / ZECH Sports GmbH tätig und begleitet den Stadion-Neubau des Heinz-Steyer-Stadions von Beginn an. Der aus dem Erzgebirge stammende Albert begann im Herbst 2021 als einer der Ersten im Ostragehege mit den Vorbereitungstätigkeiten für den Bau und ist nun dafür mitverantwortlich, dass der Bau pünktlich bis Ende Juni 2024 abgeschlossen wird.
Wir sprachen mit Lutz Albert über seinen Werdegang, über die Herausforderungen beim Bau des Heinz-Steyer-Stadions, über den aktuellen Stand der Arbeiten und über den geplanten Fertigstellungstermin.
Kurzvideo mit Informationen zu den aktuell laufenden Arbeiten
Das ausführliche Interview
Welche anderen großen Sportbau-Projekte hast du bei der ZECH-Gruppe betreut, bevor du im Herbst 2021 nach Dresden zum Bauprojekt Heinz-Steyer-Stadion gekommen bist?
Tatsächlich noch gar keins. Hintergrund ist, dass die für den Stadionbau verantwortliche ZECH Sports GmbH als Tochterunternehmen der ZECH Hochbau AG die Bauprojekte hauptsächlich mit technischem Personal des Mutterkonzerns, bei dem ich auch angestellt bin, abwickelt. Schon öfters stand es zur Debatte, dass ich bei einem Sportbau-Projekt dabei sein könnte, aber es hatte aufgrund anderer Projekte, bei denen ich eingebunden war nicht geklappt. Und nun war es das erste Mal für mich im Sportbau.
Was ist bei den anderen Projekten erwähnenswert?
Da kann ich als erstes den WinX Tower, ein 32-stöckiges Hochhaus in Frankfurt, nennen. Das ist ein 130 m hohes Gebäude der Frankfurter Skyline direkt am Main, welches wir schlüsselfertig inklusive hochwertiger Ausstattung fertigstellen konnten. Das letzte Projekt vor dem Dresdner Stadionbau war ein Erweiterungsbau für die Uniklinik Jena, welche insbesondere durch die anspruchsvolle Haustechnik eine Herausforderung war. Auch beim Flughafen in Berlin waren wir tätig. Allerdings betraf dies nur den Rohbau, den wir mit über 1.000 Arbeitern pünktlich zum anvisierten Termin fertigstellen konnten.
Wie vergleichst du diese Projekte mit deinem ersten Stadionbau hier in Dresden. Und bist du auch ein Sportfan?
Von der Sache her ist das nichts anderes. Wir haben ein Stahlbetonbauwerk mit Räumen verschiedener Nutzung und Sozialtrakten – hier in der Geometrie eher länglich statt hoch. Das Besondere ist das Drumherum, also das Stadion an sich, denn dies ist sehr interessant. So haben wir hier zum Beispiel die Stützen für den Lichtring, welche eine spannende Sache waren. Hier haben wir uns im Vorfeld viele Gedanken gemacht, wie wir die sichtbaren Betonflächen optisch ansprechend hinbekommen. Und wenn man über die gesamte Bauzeit sieht, wie das Stadion Stück für Stück wächst, ist das schon eine tolle Sache.
Und ja, ich bin auch sportinteressiert. Ich komme aus dem Leistungssport – aufgrund meiner erzgebirgischen Herkunft habe ich naheliegender Weise Langlauf betrieben. Ich habe also das Sportler-Herz in mir und kann den Enthusiasmus der Sportler hier sehr gut nachvollziehen.
Was sind deine Aufgaben als Ober-Polier auf der Stadion-Baustelle?
Als Oberpolier läuft alles Technische über meinen Tisch. So bin ich auch bei technischen Aspekten im Bereich der Auftragsvergabe eingebunden und später dann in der Ausführung sowieso. Zudem obliegt mir die gesamte Koordination aller beteiligten Firmen und die Prüfung, ob alle Aufgaben erfüllt werden. Man kann also kurz sagen, dass ich dafür zuständig bin, dass es auf der Baustelle läuft.
Neben diversen organisatorischen Aspekten gehörten beim Rohbau, den wir ja selbst umsetzten, auch taggenaue Planungen und Materialbestellungen dazu. Beim späteren Ausbau ist vor allem die Koordination der vielen Nachunternehmer-Gewerke wichtig, da es dann zahlreiche Schnittstellen zwischen den verschiedenen Firmen gibt. Ich muss also dafür sorgen, dass alle Zahnräder laufen und ineinandergreifen.
Aber all dies ist nur mit einem starken Team umsetzbar, welches wir hier hundertprozentig sind. Und so hat jeder Kollege einen entscheidenden Anteil am Projekt, wofür ich sehr dankbar bin.
Was ist für dich das Besondere am Architekten-Entwurf für das Stadion, welchen du nun in verantwortlicher Position umsetzen durftest?
Das Besondere ist in jedem Falle die Form mit seinen gefälligen Rundungen für den Lichtring. Ich freue mich schon darauf, wenn nun die Blechfassade fertiggestellt wird, das Stadion im fertigen und illuminierten Zustand zu sehen. Ich finde, dass das neugebaute Stadion optisch sehr gut an diese Stelle passt. Und ich finde es sehr gut, dass auch die Stadion-Plaza einladend gestaltet wird.
Im Oktober 2021 begannen die Abrissarbeiten an der alten Steintribüne sowie im weiten Stadionrund. Als am 11. November 2021 der Abriss-Bagger an der Tribüne loslegte, wurde dies auch optisch erkennbar. Und in der Folge galt es, viel Erde zu bewegen. Diese Arbeiten am Altbestand sind nicht immer planbar. Klappte dabei alles wie geplant?
Insgesamt hat alles sehr gut und wie geplant funktioniert. Nur beim Abtragen im Tribünenbereich sind wir auf schwarzen Dreck gestoßen, den wir zunächst nicht klar identifizieren konnten. Wir haben diesen dann analysieren lassen und tatsächlich handelte es sich um alten Kohledreck von ehemals umliegenden Fabriken, welcher zum Auffüllen genutzt wurde. Wir hatten zudem mit den Verantwortlichen der Stadt Dresden nach dem alten Grundstein des Stadions gesucht, haben diesen aber leider nicht finden können, obwohl wir das alte Stadion ja bis zu den Grundmauern abgetragen haben.
Was waren aus deiner Sicht die größten Herausforderungen beim Stadionbau?
Die Gründung der neuen Tribüne auf der darunter liegenden Lehmschicht war etwas Besonderes. Wir haben uns dafür auf zwei Varianten verständigt: mit Rüttel-Stopf-Säulen durch die Lehmschicht im östlichen Bereich, auf denen die Fundamentbalken und darauf die Bodenplatte liegen; am anderen Ende im Squash-Bereich haben wir mit Einzelfundament-Stützen auf Magerbeton-Plomben gebaut. Zum Glück hat es in dieser Phase nur einmal richtig geregnet, denn dies ist beim Arbeiten im Lehmboden sonst sehr undankbar, da dieser extrem an den Schuhen klebt.
Rein technisch gesehen waren für uns die Stützen für den Lichtring mit ihren Sichtbetonflächen eine Herausforderung. Denn bei diesen bis zu 12 m hohen Stützen mit ihrer besonderen Geometrie ist das Verschalen und Betonieren kompliziert – auch aufgrund des Betondrucks, der sich dann im unteren Bereich bildet.
Ein Highlight war für uns natürlich das Hochheben der Lichtbrücke über die Nordtribüne mit den zwei 750 Tonnen beziehungsweise 1.000 Tonnen Autokränen.
Eine technische Besonderheit ist die Gelenkstütze, die im Osten der Nordtribüne steht – diese ist nicht starr und nimmt die Bewegung und die Schwingungen des Stahlbaus auf, damit nichts reißt oder bricht. So etwas zu bauen, ist schon besonders.
Nun geht es auf die Zielgerade des Baus. Bis 30. Juni soll das Stadion an die Stadt übergeben werden. Schafft Ihr das?
Ja, wir schaffen das. Wir müssen und wir werden das schaffen – zum einen, weil dies unser Anspruch ist und zum anderen, weil wir auch unserem Auftraggeber mit seinen Plänen nicht in die Quere kommen wollen. Wir machen auch viel, um dieses Ziel zu erreichen, haben so zum Beispiel auch Feiertagsarbeit beantragt.
Welche Arbeiten müssen nun noch abgeschlossen werden?
Die Arbeiten für die Vorhangfassade haben gerade begonnen und werden noch einmal verstärkt. Die Arbeiter rotieren dann einmal um das gesamte Stadion herum. Unter Umständen – da sind wir noch im Gespräch – wird auch an beiden Seiten der Südtribüne angefangen und aufeinander zugearbeitet. In den ersten Tagen der Arbeiten hatten wir Probleme mit extremem Wind, denn so hat es die Paneele am Autokran wild herumgedreht. Auch die Vorhangfassade sollte zum 30. Juni fertig sein, auch wenn diese vom Gebäude unabhängig ist.
Bei der Tartanbahn wurde bereits vor der Nordtribüne die finale Deckschicht eingebaut. Auch diese Arbeiten ziehen jetzt sukzessive einmal im Kreis herum. Die Kautschuk-Gummimatte ist bereits überall verlegt. Ich denke, dass die Tartanbahn zeitnah abgeschlossen werden kann.
Die Ostkurve ist jetzt schon bereit für das Finish – hier wird die sogenannte Dresdner Wegedecke eingebaut. Wir warten hier aber darauf, dass die Arbeiten mit den Hubbühnen an der Blechfassade in diesem Bereich fertig sind, um die oberste Schicht nicht gleich wieder zu verletzen. bis Ende Mai wollen wir in den Kurvensegmenten komplett fertig sein. Im Bereich der Stadion-Plaza ist die Firma Frauenrath zu Gange und hat beispielsweise schon die Treppenstufen vorm Eingang auf 20 Metern Länge komplett gesetzt. Jetzt werden noch alle Borde gesetzt und alle anderen Vorbereitungsarbeiten durchgeführt, damit der Asphalt eingebaut werden kann. Die erste Asphaltschicht sollte dann circa Ende Mai oder Anfang Juni fertiggestellt werden können.
Auf dem Dach der Südtribüne sind die Arbeiten zur Installation der Photovoltaik-Anlage bereits in vollem Gange und das Dach ist mit der Unterkonstruktion für die PV-Anlagen bereits komplett belegt. Hier müssen nun nur noch die Paneele aufgesetzt werden. Parallel beginnen jetzt die Arbeiten auf dem Gebäudedach selbst, wo auch in zwei Bereichen entsprechende Anlagen montiert werden. Hier sind wir aber nur für die Koordination mit anderen Arbeiten zuständig.
Und wie sieht es beim Innenausbau der Südtribüne aus?
Alle Gewerke und alle Firmen sind noch hier. Im Prinzip sind aber alle relevanten Arbeiten bereits erledigt und nur noch Restleistungen umzusetzen. So kümmern sich die Elektriker beispielsweise noch um die Schalter-Montage, die Bodenleger müssen noch einige Ecken reparieren und die Silikonfugen setzen, der Deckenbauer ist im Eingangsbereich der Lobby mit der Abhangdecke beschäftigt und der Haustechniker erledigt letzte Arbeiten. Der Maler kümmert sich um Restarbeiten, wir schleifen bei Bedarf sichtbare Betonflächen nach, in den Sanitärbereichen müssen die Spiegel montiert werden und eine Ballettstange für den Ballettraum fehlt noch, weil der spanische Lieferant diese vergessen hatte. Jetzt starten auch die Arbeiten an der Vorhangdecke im Außenbereich der Tribüne, welche unter das Blech kommt und den Eingangsbereich aufwertet. Insgesamt lässt sich sagen, dass der Stand beim Innenausbau sehr gut ist und wir jetzt einfach noch das Finish machen müssen.
Was empfindest du beim Anblick des nun fast fertigen Stadionbaus?
Ich finde es für Dresden und die Region sehr gut, dass hier so etwas Nachhaltiges geschaffen wird, woran viele partizipieren. Und wenn es dann auch noch so gut aussieht, ist es perfekt.
1919 wurde das historische Heinz-Steyer-Stadion erbaut. 105 Jahre später hat das Stadion ein neues Gesicht erhalten. Erfüllt es dich mit Stolz, daran mitgewirkt zu haben und was ist die erste Veranstaltung, die du im neueröffneten Stadion besuchen wirst? Oder bist du erstmal froh, nicht mehr tagtäglich das Stadion zu sehen?
Ich glaube, dass dies für alle am Bau Beteiligten ein erhebendes Gefühl ist, daran mit gewirkt zu haben. Denn so ein Stadion baut man nicht immer. Wir konnten die geschichtsträchtige Vergangenheit sehr gut nachvollziehen, da wir ja quasi alle früheren Ausbaustufen stückweise zurückgebaut haben. Ich denke, dass dies für viele Dresdner ein sehr emotionaler Ort ist – dies haben wir auch gesehen, als beim Abriss der Tartanbelag herausgerissen wurde und uns viele Leute fragten, ob sie sich ein Stück herausschneiden können. Ich hoffe, dass auch das neue Stadion von den Dresdnern so angenommen wird wie zuvor das Alte.
Schade ist, dass ich urlaubsbedingt an der Eröffnung am 30. August nicht teilnehmen kann, aber vielleicht komme ich dann zum City-Biathlon das erste Mal ins fertige Stadion.
Wo geht es für dich nach zweieinhalb Jahren Dresden als nächstes hin und wie blickst du auf deine Zeit hier in Dresden zurück?
Ich hatte Anfragen für die Begleitung von Sportprojekten in Köln oder in Kiel. – Aktuell geht die Tendenz aber eher nach Leipzig, was für mich auch von der Anfahrt her günstiger ist. Hier soll in der Nähe des Hauptbahnhofes ein sehr großes Bauwerk mit einem Auftragsvolumen von etwa 100 Millionen Euro entstehen. Aber noch ist dies nicht endgültig entschieden.
Vielen Dank für das Interview und die spannenden Einblicke zum Bau und dem aktuellen Stand!