O+M Architekten mit Carsten Otto, Gerd-Martin Dahlweid und Georg Luhn

Im Gespräch mit den Stadion-Architekten von O+M – Teil 1

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Foto v.l.n.r.: Carsten Otto (Architekt und Geschäftsführer O+M Architekten GmbH), Gerd-Martin Dahlweid und Georg Luhn (beide Stadion-Entwurfsarchitekten)

 

Das Dresdner Architekturbüro O+M Architekten wurde 2008 von den Architekten Carsten Otto und Christian Müller gegründet. Das regional verankerte Unternehmen entwickelt mit Leidenschaft für gute Architektur gemeinsam mit Bauherren Projekte, die sich durch Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und architektonische Qualität auszeichnen. Für den Neubau des Heinz-Steyer-Stadions ist das O+M-Team gemeinsam mit der ZECH Hochbau AG und ZECH Sports GmbH (zuvor: BAM Deutschland AG / BAM Sports GmbH) sowie dem Planungsbüro phase10 für die Realisierung des Großprojektes verantwortlich. Wir haben uns mit dem Architekten und Geschäftsführer der O+M Architekten GmbH, Carsten Otto, sowie den zuständigen O+M Entwurfsarchitekten Georg Luhn und Gerd-Martin Dahlweid über das spannende Projekt unterhalten.

 

Das Interview zur Neubau-Planung des Heinz-Steyer-Stadions

Was war für euch als Dresdner Unternehmen der Reiz an der Teilnahme des ausgeschriebenen Wettbewerbes zum Stadion-Neubau?

Carsten Otto: Dieses tolle Projekt in unserer Heimatstadt hatte für uns natürlich einen besonderen Reiz – zumal wir für die Stadt Dresden einige Jahre zuvor schon eine Machbarkeitsstudie zum Umbau des Heinz-Steyer-Stadions erstellt hatten. Außerdem waren wir auch an einem anderen Sportprojekt im Dresdner Ostragehege beteiligt, dem Neubau des Trainingszentrums für Dynamo Dresden. Da dies für alle Beteiligten ein sehr erfolgreiches Projekt war, wollten wir unbedingt auch an dieser Ausschreibung zum Stadion-Neubau teilnehmen.

 

Für welche Planungsaufgaben wart ihr innerhalb der Arbeitsgemeinschaft verantwortlich und wie entstand diese überhaupt?

Carsten Otto: So eine Ausschreibung ist sehr umfangreich und erfordert zudem den Nachweis größerer Referenz-Projekte. Letztendlich war die Ausschreibung an eine große Baufirma gerichtet, die in der Lage ist, so ein Projekt umzusetzen, und die ähnliche Bauten schon errichtet hat. Die Baufirmen benötigen für solch ein Projekt geeignete Planer, die mit ihrem Team so eine große Aufgabe in kurzer Zeit bewältigen können. Wir haben uns so in einer Konstellation aus drei Partnern gefunden. Mit dabei war die BAM Sports GmbH, die federführend diesen Auftrag erhalten hat und auch in der Bewerbungsphase hauptverantwortlich war. Gemeinsam mit dem Freiberger Planungsbüro phase10, das auch schon Erfahrungen mit Stadionprojekten vorweisen kann, haben wir den Entwurf entwickelt – wobei unser Büro die Federführung für den Entwurf innehatte. Als Architekten haben wir die Vision für das Stadion-Projekt entwickelt und alle Aspekte der städtebaulichen Einbindung, der Architektur, der geplanten Nutzung und der Kosten zusammengeführt. Unsere Vision hat die Jury, die Stadt und die zukünftigen Nutzer überzeugt, dadurch gab es dann den Zuschlag für unseren Entwurf.

Georg Luhn: Die Ausschreibung, welche im Sommer 2019 veröffentlicht wurde, unterteilte sich in zwei Phasen. Zunächst gab es im Herbst 2019 beginnend eine technische Phase, welche anschließend im Frühjahr 2020 nach verschiedenen Prämissen bewertet wurde. Hinzu kamen nutzungsbedingte Änderungswünsche des Auftraggebers. Dann folgte eine zweite Phase bis Ende 2020, wonach der endgültige gemeinsame Vorschlag präsentiert wurde. Die offizielle Entscheidung und Beauftragung erfolgten dann im Januar 2021.

Carsten Otto: In beiden Phasen gab es eine Jury. Ausschlaggebend für die Bewertung waren die Aspekte der geplanten Nutzung, die optimale Umsetzung des Raum-Programms und die städtebauliche Einbindung. Des Weiteren spielten für die Jury-Entscheidung auch die architektonische Qualität sowie die Einhaltung der vorgegebenen Kostengrenze eine entscheidende Rolle. Das Budget war vorgegeben, was durchaus eine echte Herausforderung darstellte. Schließlich wurde das Budget Jahre vorher festgelegt und das Projekt musste trotz der starken Preissteigerungen in der Baubranche noch umsetzbar bleiben.

 

Welche Grundidee steckt hinter eurem Stadion-Entwurf, der nun gebaut wird?

Carsten Otto: Wir wollten, dass dieser historische Ort des Dresdner Sports auch zukünftig eine große Strahlkraft besitzt. In der Ausschreibung war ein Multifunktionsgebäude für verschiedene Sportarten, wie z.B. Fechten, Tanz, Radsport, Fitness und Squash gefordert. Außerdem eine große Tribüne und die komplette Erneuerung der Sportanlage. Im Sinne der Strahlkraft war es uns aber besonders wichtig, alle Einzelbausteine, die hier gefordert waren zu einem Ganzen zu fügen. Deswegen haben wir die verschiedenen Nutzungen des Gebäudes mit dem Stadionkomplex zu einer Großform vereint. So wird man sowohl von außen als auch vom Stadioninneren aus eine echte Stadionatmosphäre spüren können.

Georg Luhn: Prägend für unseren Stadion-Entwurf ist dabei die alles umarmende äußere Hülle, welche auch die Beleuchtungsanlage in Form eines Lichtrings enthält und welche dem Stadion seine Charakteristik und Symbolkraft verleiht. Wir wollten nicht nur ein Tribünenbauwerk konzipieren, sondern ein Stadion etablieren. Dieses wird von außen auch als solches erkennbar sein und eine Stadion-Atmosphäre entfalten. Der Stadion-Neubau und die vorgelagerte Plaza sind darüber hinaus auch als Eingangstor für die gesamte Sportspange im Dresdner Ostragehege konzipiert.

 

Außenansicht Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE BAM SPORTS GMBH/BAM Deutschland AG, O+M ARCHITEKTEN, Phase 10)
Außenansicht Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE ZECH Sports GmbH / ZECH Deutschland AG, O+M ARCHITEKTEN, Phase 10)

 

Was waren die Kern-Themen bei der Planung?

Georg Luhn: Das waren vor allem die Fassadenhülle und der Lichtring. Beides bildet zusammen die umrahmende Hülle, die die Stadionatmosphäre ausmacht. Durch diese entsteht eine Figur, welche alle Komponenten umarmt. Der Lichtring ist aus dem Gedanken entstanden, dass wir uns nicht vorstellen konnten, 70 Meter hohe Flutlichtmasten in direkter Nachbarschaft zur Dresdner Elbsilhouette zu planen. Durch den Lichtring wird die Beleuchtung in die Stadionfigur mit der ringförmigen Hülle integriert.

Gerd-Martin Dahlweid: So gehen Gestaltungs- und Nutzungszweck miteinander einher. Die konkrete Gestaltung der Hülle war dabei aber ein komplexes Unterfangen, da Form und Statik in Einklang zu bringen waren. Hier mussten wir intensiv während beider Ausschreibungsphasen optimieren, um das bestmögliche Ergebnis zu erreichen.

Carsten Otto: Ebenso entscheidend war die städtebauliche Einbindung des Projektes. So ein Stadion benötigt einen adäquaten Eingangsbereich, wo man sich trifft und zum Stadion gelangt. Wir haben hierfür eine Plaza vorgesehen, die sich zwischen dem neuen Stadion und der Ballsportarena erstrecken wird. Teil der Aufgabe war es, dass dieser Ort ein Auftakt für die gesamte Sportspange des Sportpark Ostra sein soll. Hierauf legt auch der Eigenbetrieb Sportstätten der Landeshauptstadt Dresden großen Wert und hat die strategische Bedeutung immer im Blick. In unserer konzipierten Plaza sind die gewünschten Funktionen des Sportpark-Eingangs vereint. Zusätzlich gewinnt das Stadion an Strahlkraft, da es nicht zwischen Zufahrten und Anlieferzonen eingequetscht wird, sondern in seiner Erscheinung Platz gewinnt.

 

Wie verläuft bei einem so geschichtsträchtigen Ort die Auseinandersetzung mit der Historie und Ausgangsbasis?

Carsten Otto: Die Auseinandersetzung mit dem Standort und dessen Geschichte ist für uns der erste Schritt – bei jedem Projekt und bei diesem natürlich ganz besonders. Wir haben uns die Geschichte, die Tafel mit den Weltrekorden und die Blickachsen unterm Brückenbogen durch das Marathontor hindurch bis zur historischen Anzeigetafel genau angesehen.

Georg Luhn: Zudem haben wir das Gelände aus allen Perspektiven betrachtet – vom Elbraum, von der Brücke, wirklich von allen Seiten. Schnell war für uns klar, dass das Stadion eine gewisse Erscheinungskraft besitzen muss. Auch wenn dies gar nicht integraler Bestandteil der Ausschreibung war, denn im regulären Betrieb sprechen wir hier nicht von einer großen Stadionarena. Im Regelfall sind dafür 5.000 Zuschauerplätze vorgesehen.

 

In einigen Tagen veröffentlichen wir den zweiten Teil des Interviews. Dann geht es unter anderem um die größten Herausforderungen bei der Planung, das umlaufende Lichtband, eine große Stahlbrücke über die Gegentribüne, den Ausbau der Stadionkurven, die laufenden Detailplanungen und den Erhalt der historischen Anzeigetafel des Stadions.

 

Mehr Informationen zu O+M Architekten gibt es hier.

 

Hier geht’s zum zweiten Teil des Interviews mit den Architekten von O+M!

 

Innenperspektive Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE BAM SPORTS GMBH/BAM Deutschland AG, O+M ARCHITEKTEN, Phase 10)
Innenperspektive Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE ZECH Sports GmbH / ZECH Deutschland AG, O+M ARCHITEKTEN, Phase 10)