Stadion-Innenansicht Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE Phase 10/ O+M ARCHITEKTEN BDA)

Im Gespräch mit den Stadion-Architekten von O+M – Teil 2

Veröffentlicht in: Interviews | 0

Foto: ARGE Phase 10/ O+M ARCHITEKTEN BDA

Wir haben uns mit dem Architekten und Geschäftsführer der O+M Architekten GmbH, Carsten Otto, sowie den zuständigen O+M Entwurfsarchitekten Georg Luhn und Gerd-Martin Dahlweid über das spannende Bauprojekt Heinz-Steyer-Stadion unterhalten und präsentieren zugleich auch einige neue Entwurfsbilder. Das O+M-Team ist gemeinsam mit der ZECH Hochbau AG und ZECH Sports GmbH (zuvor: BAM Deutschland AG / BAM Sports GmbH) sowie dem Planungsbüro phase10 für die Realisierung des Großprojektes verantwortlich.

Den 1. Teil des Interviews findet Ihr hier.

 

O+M Architekten mit Carsten Otto, Gerd-Martin Dahlweid und Georg Luhn
O+M Architekten mit Carsten Otto, Gerd-Martin Dahlweid und Georg Luhn

Foto v.l.n.r.: Carsten Otto (Architekt und Geschäftsführer O+M Architekten GmbH), Gerd-Martin Dahlweid und Georg Luhn (beide Stadion-Entwurfsarchitekten)

 

Fortsetzung des Interviews zur Neubau-Planung des Heinz-Steyer-Stadions

Was waren bzw. sind die größten Herausforderungen bei der Planung?

Georg Luhn: Zum einen das Tribünenbauwerk mit seiner großen Menge an Funktionen. Dies unterscheidet sich auch stark zu anderen Stadionbauten. Neben der Funktion als Tribüne und allen dienenden Funktionen, die ein Stadion benötigt, integrieren wir beim Heinz-Steyer-Stadion ein eigenständiges Gebäude in die Südtribüne. Die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten eines breiten Sportarten-Mix finden hier ihr zu Hause. Beispielsweise wird es eine Squash-Anlage, Krafträume, einen Ballettsaal, eine Fechterhalle, Trainingsräume für den Radsport, Vereinsbüroräume, eine Multifunktionszone und einiges mehr geben. Diese Räume müssen alle für sich optimal funktionieren. Hierfür müssen viele Überlegungen bezogen auf Erschließung, Nutzung, Abtrennbarkeit im Eventfall und einiges mehr durchgespielt werden. Dies sind ganz andere Anforderungen als bei einem gewöhnlichen Stadionprojekt.

Gerd-Martin Dahlweid: Wir haben hier im Prinzip ein ‚Haus des Sports‘ in das Stadion integriert. Ich möchte besonders herausheben, dass es einen sehr intensiven Prozess mit den Vereinen und Nutzern gab, um die Bedingungen so gut wie möglich auf die zukünftigen Nutzer abzustimmen. Diesen Prozess hat der Eigenbetrieb Sportstätten der Stadt Dresden unter Leitung von Ralf Gabriel in einer Mittlerfunktion optimal moderiert. Dies ist nicht selbstverständlich und das spricht für alle Beteiligten, dass der Prozess so zielführend gestaltet werden konnte. So haben wir auch nach dem erfolgreich abgeschlossenem Wettbewerbsverfahren noch umfangreiche Optimierungen vollzogen, um genau diesen Wünschen der Nutzer Rechnung zu tragen.

Georg Luhn: Es war auch eine große Herausforderung, das Gebäude in diese Gesamtidee einzuordnen und dieser Form nachzufolgen. Das Tribünengebäude mit seinen vielen Funktionen ist in das große, geschwungene Oval der Stadionfigur integriert. Zugleich muss sich dies in das Gebäudeinnere mit dem großen Raumprogramm übertragen und Sichtbeziehungen von den Räumen ins Stadioninnere bedacht werden. Bei dem Außenring haben wir eine Stahlkonstruktion mit Fassadenhülle entworfen. Nun in der Detailarbeit muss jeder einzelne Punkt der Unterkonstruktion, der Träger und des Stahlbaus ausgefeilt werden. Besonders ist dabei, dass wir neben der generellen Rundung zusätzlich auch noch eine Neigung in der Konstruktion haben. Dies lösen wir über 3D-Modelling und mathematische Computer-Prozesse.  Hinzu kommt, dass dabei immer die Kosten im Blick behalten werden müssen. Um das sicherzustellen und dabei trotzdem ein Maximum an Qualität zu erzielen, gibt es mit der Projektleitung der ZECH einen intensiven Austausch.

 

Was sind aktuell die Aufgaben für O+M?

Carsten Otto: Aktuell laufen die Detailplanungen auf Hochtouren. Im Rahmen des Projektes teilen wir uns dabei die Aufgaben mit unserem Planungspartner von phase10, welcher unter der Leitung der Architekten Dirk Westpfahl und Steffen Hippel aktuell für die Detaillierung des Tribünen-Gebäudes zuständig ist. Wir sind in der aktuellen Ausführungsplanungsphase für die Detailierung der Fassade und der Lichtringkonstruktion zuständig, was geometrisch sehr anspruchsvoll ist. Die zu planenden Details sind die Grundlage für das Bauen durch die ZECH-Gruppe, hier muss durch das Architektenplanungsteam alles geklärt werden.

Georg Luhn: Aktuell arbeiten wir auch an der Innenansicht des Multifunktionsgebäudes, also vom Stadioninneren aus gesehen. Hier gibt es neben den Sitzplätzen auch Blickbeziehungen zur Fassade und zur Überdachung. Dabei leisten wir gerade Detailarbei tund feilen beispielsweise am exakten Aussehen der Trägerstützen für den Lichtring.

 

Stadion-Außenansicht Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE Phase 10/ O+M ARCHITEKTEN BDA)
Stadion-Außenansicht Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE Phase 10/ O+M ARCHITEKTEN BDA)

 

Wie fügt sich die schon 2017 erbaute Nordtribüne in das Konzept ein?

Georg Luhn: Auch das war eine Herausforderung, insbesondere weil es einen deutlichen Größenunterschied gibt. Beim Bau der Nordtribüne gab es noch kein weiteres Ausbaukonzept für das Stadiongelände. Wir mussten die bestehende Tribüne mit der relativ großen, neuen Südtribüne in eine Gesamtgrößenordnung bringen. Die Flutlichtringhöhe beträgt immerhin 21,5 Meter. Wir wollten das Oval unbedingt schließen. Dies war dann auch eine tragwerksplanerische Herausforderung.

Gerd-Martin Dahlweid: Richtig, die Trägerkonstruktion über die Nordtribüne hat uns und die Statiker wirklich gefordert. Erst wollten wir die bestehende Nordtribüne für das Lichtband nutzen und den Lichtbogen mit kleinen Stützen aufsetzen. Aus statischen Gründen war dies aber nicht möglich. So kam es zur Idee einer gespannten ‚Brücke‘. Diese freischwebende Stahlbrücke ist etwa 115 Meter lang und etwa zehn bis elf Meter hoch und überragt die Nordtribüne. Die Höhendifferenz zum Lichtring wird mit einer großen Stahlkonstruktion geschlossen. So wird die in sich geschlossene Stadionfigur noch besser erlebbar, da sich Fassade und Konstruktion komplett durchziehen und nicht von der Nordtribüne unterbrochen werden.

 

Was passiert in den beiden Stadionkurven? Warum wurde der bestehende Stadionwall nicht genutzt?

Carsten Otto: Eine einfache Sanierung des einst aufgeschütteten Walls mit den vorhandenen Stufenanlagen war nicht möglich, da dessen Tragkraft für die geplanten mobilen Zusatztribünen nicht ausreichte. Gestalterisch haben wir uns für eine Erneuerung der Stufenanlagen in den Kurvenbereich ausgesprochen. Allerdings war dafür zunächst kein Budget da. Soweit wir wissen, wollen alle Beteiligten, dass an dieser Stelle wieder Stufenanlagen entstehen. Derzeit wird geprüft, ob es hierfür auch die notwendigen finanziellen Mittel gibt. Für die Stadionatmosphäre wäre ein nutzbarer, bis zur oberen Kante terrassierter Wall sicherlich die beste Lösung.

 

Wird die historische Anzeigetafel verschwinden oder kann diese als Denkmal erhalten bleiben?

Georg Luhn: In der wettbewerblichen Aufgabenstellung war klar formuliert, dass eine Möglichkeit gefunden werden soll, mit dieser umzugehen, Teile davon zu nutzen oder sie eben zu erhalten. Dies war auf Grund des baulichen Zustandes nicht leicht. Wir haben den Standort der Tafel zunächst planerisch berücksichtigt und in die Gesamtanlage integriert. Durch die Plateaus für die mobilen Zusatztribünen für große Events steht diese nun aber im Prinzip außerhalb des eigentlichen Stadiongeländes.

Gerd-Martin Dahlweid: Es gibt Ideen, Teile der Anlage in den Tribünenbau zu integrieren. Dies wird aktuell geprüft und diskutiert. Aber hier sind noch keine Entscheidungen gefallen.

 

Tribünen-Ansicht Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE Phase 10/ O+M ARCHITEKTEN BDA)
Tribünen-Ansicht Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE Phase 10/ O+M ARCHITEKTEN BDA)

 

Was ist euch für die zukünftigen Monate noch wichtig?

Carsten Otto: Im Rahmen der Detailplanungen ist es unsere Aufgabe, dass wir qualitätsvolle Lösungen für jede Detail-Frage finden und dass diese trotz des knappen Budgetrahmens umgesetzt werden können. Dafür setzen wir uns als Architekten ein!

 

Freut Ihr euch schon auf die Stadioneröffnung 2023, wenn der Bau fristgerecht fertig wird?

Carsten Otto: Als Team sind wir unheimlich stolz, dass wir dieses Projekt planen dürfen und unseren Wettbewerbs-Entwurf auch so umsetzen können. In unserem großen Team, da spreche ich nicht nur für O+M Architekten, sondern auch für unseren Planungspartner phase10 und für alle anderen an der Planung und am Bau Beteiligten gibt es ungeheuren Enthusiasmus für dieses Projekt hier in Dresden – in einer so sichtbaren Lage unweit der historischen Innenstadt. Dazu kommt, dass wir mit der ZECH Sports GmbH und der ZECH Hochbau AG ein großartiges Team haben. Der zuständige Geschäftsführer Kay-Uwe Panzer und der Projektleiter Arno Dietrich haben für dieses Projekt sogar den Slogan „Freude am Bauen“ entwickelt und führen das Projekt in diesem Sinne.

Gerd-Martin Dahlweid: Wie bei jedem Projekt freuen wir uns natürlich besonders auf den Moment, an dem wir vor dem fertigen Bau stehen werden. Planungsseitig haben wir bisher alle Termine eingehalten. Bei den notwendigen Genehmigungen gibt es letzte Abstimmungen mit der Stadt Dresden, die hoffentlich in Kürze erfolgreich abgeschlossen werden. Im Rahmen der Bauvorbereitung erhält das Bauunternehmen ZECH von uns aktuell alle Planungen fristgerecht gemäß Ablaufplan. Wir alle sind optimistisch, die geplante Terminschiene einhalten zu können.

Georg Luhn: Wir werden im Rahmen der Detailplanung wirklich auf eine qualitätsvolle Ausführung aller Details achten. Dazu gehört insbesondere auch die Umsetzung der Leitideen aus unserem Entwurf. So können wir gewährleisten, dass wir alle gemeinsam stolz sein können auf die realisierte Stadion-Vision.

 

Stadion-Innenansicht Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE Phase 10/ O+M ARCHITEKTEN BDA)
Stadion-Innenansicht Planung Heinz-Steyer-Stadion (Bild: ARGE Phase 10/ O+M ARCHITEKTEN BDA)